Sehr geehrter Herr Zaborowski!
Für Ihren → Brief vom 05.07.2011 ← mit Anlagen danke ich Ihnen.
Ihre in dem diesem Brief dargelegten Ansichten über die Rechtslage des Deutschen Reiches, wie diese am 08.05.1945 und auch noch am heutigen Tage ist, stimmen weitgehend mit meinen Auffassungen Oberein. Nur interpretieren wir — Sie und ich — die rechtlichen Folgen der bedingungslosen Kapitulation der gesamten deutschen Wehrmacht, wie diese am 07.05.1945 in Reims und nochmals am 08.05.1945 in Berlin-Karlshorst vollzogen wurde, in unterschiedlicherweise. Sie, sehr geehrter Herr Zaborowski, beharren darauf, daß sich diese Kapitulation nur auf die Deutsche Wehrmacht und nicht auch auf das Deutsche Reich bezogen hat. Sie begründen Ihre Meinung mit dem Hinweis auf die Tatsache, daß die von Adolf Hitler in seinem Testament vom 29.04.1945 erfolgte Ernennung von Großadmiral Dönitz zum Reichspräsidenten und Obersten Befehlshaber der Wehrmacht rechtswidrig war, weil sie einen Verstoß gegen Art. 41 der Weimarer Verfassung vom 17.08.1919 (Wahl des Reichspräsidenten) darstellte. Die Weimarer Verfassung war ja mit dem Erlöschen des sog. Ermächtigungsgesetzes am 11.05.1943 wieder uneingeschränkt in Kraft getreten. Somit stand es Adolf Hitler aus verfassungsrechtlicher Überlegung gar nicht zu, einseitig zu verfügen, daß Großadmiral Dönitz sein Nachfolger als Reichspräsident werden sollte. So sehe ich das auch.
Andererseits muß m. E. doch auch berücksichtigt werden, daß zur Zeit, in der Adolf Hitler diese Verfügung erließ, sich das Deutsche Reich in einer Notlage befand. Demzufolge war es auf deutscher Seite gar nicht mehr möglich, die verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wie diese in der Weimarer Verfassung festgeschrieben worden waren, uneingeschränkt einzuhalten, auch dann nicht, wenn das schon nahezu machtlos gewordene NS-Regime dies gewollt hätte.
Artikel 41 der Weimarer Verfassung bestimmt, daß der Reichspräsident vom ganzen deutschen Volke gewählt wird. Das Reichsgesetz über die Wahl des Reichspräsidenten enthält die Bestimmung, daß die Wahl des Reichspräsidenten an einem Sonntag oder an einem öffentlichen Ruhetag stattzufinden hat. Wie hätten diese beiden Bestimmungen der Weimarer Verfassung und des Reichsgesetzes über die Wahl des Reichspräsidenten eingehalten werden können, wo zur damaligen Zeit, in der der übergroße Teil des Reichsgebietes bereits von den Feindmächten besetzt worden war, die Wehrkraft des Deutschen Reiches unaufhaltsam zusammenbrach, das NS-Regime vor dem Aus stand und faktisch keine Regierungsgewalt mehr ausüben konnte. Meinen Sie wirklich, sehr geehrter Herr Zaborowski, daß es zur damaligen Zeit (April/Mai 1945) in Anbetracht der Lage, in der sich das Deutsche Reich, die Deutsche Wehrmacht und nicht zuletzt auch das deutsche Volk befand, noch möglich gewesen wäre, der verfassungsmäßigen Prozedur zur Wahl des Reichspräsidenten zu folgen?
Dies alles berücksichtigend, bin ich der Meinung, daß es durchaus berechtigt ist, von einer im April/Mai 1945 bestehenden Notlage auszugehen, wo nur noch gehandelt werden konnte, ja mußte, um den Krieg zu beenden und nach Möglichkeit zu verhindern, daß Volk und Staat noch mehr Unheil beschert werden würde. In der niederländischen Sprache gibt es das Sprichwort „nood breekt wet“ („Not bricht Gesetz“) Ich denke, daß dieses Sprichwort seine Richtigkeit hat, und daß dies im April/ Mai 1945 von denjenigen, die dazu — wenn auch nicht das verfassungsgemäße Recht, so doch die faktische Macht hatten — praktiziert worden ist. So kann und muß m. E. im nachhinein die damalige Kapitulation betrachtet und bewertet werden.
In mehreren Abhandlungen über und Stellungnahmen zu unterschiedlichen Aspekten der sog. deutschen Frage, bei der es sich in Wirklichkeit viel mehr um eine seit Jahrhunderten bestehende europäische Frage handelt, habe ich darauf hingewiesen, daß alle Jahrhunderte hindurch der deutschen Nation in ihrer Gesamtheit von ihren lieben Nachbarn schreckliches Unrecht angetan worden ist. Ziel dieser Nachbarn/Nachbarstaaten war immer, im historischen Siedlungsraum der deutschen Nation ein gewisses Machtvakuum zu schaffen bzw. aufrecht zu erhalten zu dem Zwecke, daß die Nachbarn die Möglichkeit hatten, hier mitzumischen. Erfindungsgabe, Arbeitsfreude, Fleiß und Zuverlässigkeit sind Eigenschaften, die der deutschen Nation im Laufe der Jahrhunderte einen Wohlstand bescherten, der nicht selten bei den Nachbarn einerseits Begehrlichkeiten hervorriefen, andererseits Neid weckten. Allzu große Gutmütigkeit und Gutgläubigkeit, aber auch sträfliche Naivität und oft fehlendes Fingerspitzengefühl in politischen Angelegenheiten, sind den Deutschen wiederholt zum Verhängnis geworden. In Wirklichkeit ging es den Gegnern in den beiden Weltkriegen des vorigen Jahrhunderts keineswegs darum, das jeweilige Regime im Deutschen Reiche zu beseitigen, sondern um die deutsche Machtentfaltung über ein bestimmtes Maß hinaus zu verhindern. Dabei spielten einerseits der schon lange vor der Zeit des NS-Regimes im Deutschen Reiche zu beobachtende Neid einflußreicher Politiker oder konfessionell geprägte führende Persönlichkeiten im Ausland, andererseits auch tiefgründiger Haß gegen alles Deutsche eine wichtige Rolle. Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang zur Belegung dieser meiner Behauptung nur auf zwei Beispiele — viele weitere könnten herangezogen werden — hinzuweisen.
In einem gemeinsamen Gebet einer Gruppe von US-Amerikanern in der Sitzung des USA-Congresses am 10. Januar 1918 hieß es:
Die norwegische Schriftstellerin Sigrid Unset hat in ihrem 1945 erschienenen Buch „Wieder in die Zukunft“, geschrieben, daß der Deutschen-Haß eine Tatsache ist, der bei allen Bemühungen um eine bessere und gerechtere Ordnung zwischen den Völkern Rechnung getragen werden muß.
Diese Autorin hatte erklärt, daß die
Deutschen durch und durch schlecht seien und nie
umerzogen werden konnten. Sie selbst haßte die
Deutschen durch und durch. Anton Zischka stellte in
seinem im Jahre 1966 erschienen Buch: „War es ein
Wunder — Zwei Jahrzehnte deutschen
Wiederaufstiegs“ auf Seite 23 ganz richtig fest: „Dieser
Deutschen-Haß bleibt ein welthistorisches Faktum, auch
wenn zahllose Deutsche heute meinen, ihre
Leistungen werden bewundert und geachtet. Man muß
freundlich tun, um gute Geschäfte zu machen, aber
unter der Asche glüht der Haß weiter, und mehr denn
je brodelt der Neid…“ Die englische Zeitung
‘Daily Telegraph’ schrieb im November 1959, als
Bundeskanzler Adenauer sich über eine
‘antideutsche Verschwörung’ in England beklagte: „Es
bedarf keiner Verschwörung. Es gibt antideutsche
Strömungen in England, ohne daß sie künstlich
erzeugt werden.“
Quelle: A. Zischka, S. 23 f.
Die beiden Weltkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden von den Kriegsgegnern der Deutschen im Grunde genommen in erster Linie nur geführt, um die wirtschaftlichen Interessen dieser Kriegsgegner zu sichern. Dazu mußte die sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts stark entwickelnde Wirtschaftskraft der Deutschen gebändigt werden. Das Versailler Diktat vom 28. Juni 1919 ist als der Katalog der Vorstellungen der Siegermächte zu betrachten, wie das Deutsche Reich nicht nur in territorialer und militärischer Hinsicht geschwächt, sondern auch in seiner Wirtschaftskraft bezwungen werden konnte. Theodor Heuß hatte schon recht mit seiner Ansicht, daß die Wiege des Nationalsozialismus in Versailles stand. Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg die deutsche Wirtschaft überraschend schnell von den Folgen dieses Krieges erholte, gab es — von der BRD aus gesehenen — im Ausland auch schon schnell wieder Stimmen, die sich kritisch über die Deutschen äußerten und sich überlegten, ob nicht „Maßnahmen“ erforderlich seien, um die deutsche Wirtschaftskraft zu drosseln. Erinnert sei hier nur an einen Gedanken, den die Finanzministerin Frankreichs, Frau Christine Lagarde, Anfang des Jahres 2011 über die überaus starke Position der deutschen Wirtschaft im Vergleich mit der Wirtschaft anderer europäischer Staaten geäußert hat. Die Kriegs- und Folgeschäden, die die damaligen Kriegsgegner des Deutschen Reiches erlitten hatten und welche die BRD im Rahmen der sogenannten deutschen Schuld am Zweiten Weltkrieg als Wiedergutmachung zu zahlen hat, entwickelte sich im Laufe der Jahre als ein prima Geschäft für die Fordernden, mit dem sich gut verdienen läßt. Für die BRD aber bedeutet diese „Wiedergutmachung“ eine große Bürde, um so mehr, weil die Regierung der BRD meint, sich dem Elend der ganzen Welt annehmen zu müssen.
Vergleicht man die unverhältnismäßig starken Lasten, die die BRD zur „Rettung“ der maroden Eurowährung zu tragen hat mit den Leistungen, die andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) zu erbringen haben, kann man nur feststellen, daß sich dies nur vergleichen läßt mit einer Kriegführung gegen die Deutschen mit anderen Mitteln, als in einem heißen Krieg.
Es ist die Tragik, daß die Männer des deutschen Widerstandes gegen die Diktatur des NS-Regimes nie begriffen hatten, daß die Kriegsgegner den Krieg in den Jahren 1939 bis 1945 nicht gegen Hitler, sondern gegen das Deutsche Reich, daß heißt, gegen die Deutschen in ihrer Gesamtheit führten. Das Deutsche Reich war — besonders, nachdem das NS-Regime 1933 an die Macht gekommen war — wieder zu einem Staat geworden, dessen Wirtschaftskraft von den Siegerstaaten des Ersten Weltkrieges als eine Bedrohung für ihre eigene Position im Welthandel empfunden wurde. Auch die nach 1933 eingeleitete militärische Aufrüstung des Reiches wurde von den genannten damaligen Siegermächten mit Argwohn beobachtet. Kurz und gut, das Deutsche Reich wurde als eine drohende Gefahr für Europa, wenn nicht gar für die ganze Welt betrachtet, welche verhindert werden mußte. Als geeignetstes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, kam für sie nur ein neuer großer Krieg gegen das Deutsche Reich zu führen in Betracht. Im Jahre 1939 war die Zeit dazu gekommen. Was am 01. September 1939 als lokaler Krieg zwischen dem Deutschen Reiche und Polen begann, weitete sich innerhalb weniger Tage und Monate zu einem europäischen Krieg aus, aus dem dann durch den Eintritt Japans und der USA 1941 der Zweite Weltkrieg wurde. Im August 1941 trafen sich der Präsident der USA, Theodor Roosevelt und der Erste Minister Großbritanniens, Winston Churchill, auf dem Atlantischen Ozean, um ihre Kriegsziele festzulegen und diese aller Welt kundzutun. Eine Besonderheit hierbei war, daß die USA zu dem Zeitpunkt — August 1941 — sich noch gar nicht offiziell im Kriege mit dem Deutschen Reiche befanden, ihr Präsident es aber bestens verstand, die Kriegsziele der USA im geplanten Kriege zu formulieren.
Diese Kriegsziele sind damals in acht Punkten zusammengefaßt und unter dem Namen „Atlantik-Charta (14.08.1941) verkündet worden. Es handelte sich bei diesen Kriegszielen um hehre Absichten, wie z. B.
Am 24. September 1941 hat der „interalliierte Rat“ auf seiner Sitzung in London die allgemeinen Grundsätze der Atlantik Charta angenommen! Als die Kriegsgegner 1945 das Deutsche Reich besiegt hatten, waren die zuvor so feierlich verkündeten hohen Ziele längst vergessen und zur Makulatur geworden. Die Kriegsgegner des Deutschen Reiches beharrten auf der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands, ganz gleich, ob das NS-Regime oder eine in parteipolitischer Hinsicht anders zusammengestellte Reichsregierung den Krieg beenden wollte. Aus diesem Grunde wollten diese Kriegsgegner während des Zweiten Weltkrieges mit keiner deutschen Reichsregierung über eine Beendigung dieses Krieges verhandeln, ohne daß sich eine anders formierte deutsche Reichsregierung, mochte sie sich auch noch so sehr gegen das NS-Regime auflehnen und ein „anderes Deutschland“ repräsentieren, zuvor bereit erklärt hätte, die Forderung der Kriegsgegner einer bedingungslosen Kapitulation zu erfüllen.
Die Männer und Frauen des deutschen Widerstandes gegen das NS-Regime sind von den Feinden des Reiches wahrend des Zweiten Weltkrieges als nützliche Elemente für die Kriegsziele der Alliierten benutzt oder besser gesagt, mißbraucht worden, ohne daß ihnen auch nur die geringste Aussicht auf Gehör zur Wahrung deutscher Interessen nach dem Kriege geschenkt wurde.
Die Naivität vieler (bundes)deutscher Politiker wurde in der Person des ehemaligen Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher ersichtlich. Dieser betrachtete den französischen Ministerpräsidenten Mitterand als „einen Politiker, der tiefes Verständnis für die deutsche Lage und die deutschen Probleme hat“. Quelle: W. Filmer/H.Schwan, „Hans-Dietrich Genscher“. Mitterands „tiefes Verständnis“ für die deutsche Lage und die deutschen Probleme wurden allerdings durch Mitterands Bestreben, die überragende Position Frankreichs in Europa zu behaupten, übertroffen. Wer erinnert sich nicht an die Tatsache, daß Mitterand im Dezember 1989 nach Moskau flog in der Absicht, Moskau zu beknieen den sich anbahnenden Zusammenschluß der BRD und der DDR im Jahre 1990 zu verhindern? Auch Margaret Thatcher hatte sich damals vehement gegen den Zusammenschluß West- und Mitteldeutschlands ausgesprochen.
Auch an eine Äußerung von Günter Verheugen darf hier noch einmal erinnert werden. Als ehemaliger Kommissar der EU war er in der ersten Hälfte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zuständig für die Verhandlungen mit mittel- und osteuropäischen Staaten über ihren Beitritt zur EU. In dieser Eigenschaft hatte er erklärt, daß die Vertreiberstaaten Polen, (d. h. den z. Zt. faktisch bestehenden polnischen Machtbereich) sowie die Tschechische Republik und die Slowakei alle Kriterien zur Aufnahme in die EU erfüllten und somit ihrem Beitritt, der für den 01. Mai 2004 vorgesehen war, nichts mehr im Wege stand. Als Verheugen längst aus seinem Amt geschieden war, sagte er
Hat Verheugen diese Erkenntnis erst während seiner Tätigkeit in Brüssel gewonnen, dann hatte er sich nicht rechtzeitig gründlichst informiert über Ziel und Zweck der EU und war daher auch nicht geeignet, die ihm angebotene Funktion bei der EU zu erfüllen. Hätte er aber bereits bevor er nach Brüssel wechselte gewußt, was mit der EU in Wirklichkeit bezweckt wird, dann hätte er sich damals fragen müssen, ob er aufgrund dieser Erkenntnis als Deutscher eigentlich guten Gewissens eine Funktion bei der EU übernehmen könne.
Wer sich näher mit geschichtlichen Tatsachen auseinandergesetzt hat und sich eingehend darin auskennt, wie es in den zwischenstaatlichen politischen Verhältnissen um die Beurteilung der Deutschen seit Jahrhunderten in Wirklichkeit bestellt war und ist, weiß, daß Haß und Neid der Nachbarstaaten auf alles Deutsche seit eh und je sehr oft eine verhängnisvolle Rolle in den zwischenstaatlichen Beziehungen gespielt haben. Daran hat sich bis zum heutige Tage leider nichts geändert.
Noch einmal komme ich auf die Frage zurück, ob nur die Deutsche Wehrmacht oder damit auch die Reichsregierung für das Deutsche Reich kapituliert hat. Ausgehend von der These, daß es im April/ Mai 1945 für das Deutsche Reich eine Notlage gab und in dieser Situation demzufolge die Not das Gesetz bricht, muß m. E. die Frage, ob die Entscheidung Adolf Hitlers, Großadmiral Dönitz als seinen Nachfolger im Amte des Reichspräsidenten zu bestimmen, betrachtet und beantworten werden. Dabei wird der Frage, ob nur die Deutsche Wehrmacht kapituliert hat oder damit auch das Deutsche Reich, meiner Meinung nach zu viel Bedeutung beigemessen. Natürlich betrifft eine Kapitulation in erster Linie das Einstellen der Kampfhandlungen von seiten der unterlegenen Streitkräfte. Der Befehl zur endgültigen Kapitulation der Wehrmacht wird dem Oberbefehl der Deutschen Wehrmacht vom Reichspräsidenten erteilt. Mit der Kapitulation seiner sämtlichen Streitkräfte, ganz gleich, ob es sich dabei um eine bedingungslose Kapitulation oder um eine endgültige und völlige Einstellung des Kampfes unter Berücksichtigung von zwischen den kämpfenden Parteien vorab vereinbarten bestimmten Bedingungen handelt, verliert der militärisch unterlegene Staat nicht nur die Möglichkeit, sondern auch das Recht, sich der Siegermacht bzw. den Siegermächten noch länger militärisch zu widersetzen. Die bedingungslose Kapitulation jedoch hat nicht grundsätzlich und automatisch den Untergang des Staates zur Folge. Beabsichtigt eine Siegermacht den Untergang des von ihr besiegten Staates, dann ist die Rede von „debellatio“. Ich darf in diesem Zusammenhang hier auf meine Ausführungen in meinem Brief vom 17.06.2011 hinweisen.
Das „Kriegsvölkerrecht“ regelt — zumindest theoretisch — das Verhalten kriegführender Parteien untereinander. Das betrifft nicht nur die Weise, in der Kampfhandlungen durchgeführt werden dürfen, sondern auch den Schutz der Zivilbevölkerung in den sich bekämpfenden Staaten, sowie im von einer Feindmacht besetzten Gebiet. Die bedingungslose Kapitulation — hier im konkreten Fall einmal außer Betracht gelassen, ob es sich nun um die Kapitulation nur der Deutschen Wehrmacht handelte oder ob dies auch die Kapitulation des Deutschen Reiches betraf — bedeutet keineswegs, daß das unterlegene Deutsche Reich oder auch nur die Angehörigen der Deutsche Wehrmacht demzufolge rechtlos geworden waren. Das eben erwähnte „Kriegsvölkerrecht“ verliert grundsätzlich auch im Falle einer bedingungslosen Kapitulation nicht seine Verbindlichkeit.
Herr Carlo Schmid hatte sich geirrt, wo er in seiner Rede im Parlamentarischen Rat am 08.09.1948 ausgeführt hatte: „Die bedingungslose Kapitulation hatte Rechtswirkungen ausschließlich auf militärischem Gebiet und hatte „lediglich die Bedeutung, daß den Alliierten das Recht nicht bestritten werden sollte, mit der deutschen Wehrmacht nach Gutdünken zu verfahren…“ Meiner Meinung nach kann und darf dies keineswegs der Sinn der bedingungslosen Kapitulation sein. Die Angehörigen der Deutschen Wehrmacht unterstanden trotz der bedingungslosen Kapitulation den Schutzbestimmungen der Haager Landkriegsordnung (HLKO) aus dem Jahre 1899, noch geringfügig ergänzt im Jahre 1907. Diese Tatsache hatten die Siegermächte leider nicht anerkannt und berücksichtigt, sondern sich in „frevelhafter Weise über die Schutzbestimmungen der HLKO hinweggesetzt. Wie die Siegermächte von 1945 sich der Reichsregierung, der deutschen Zivilbevölkerung und den Angehörigen der Deutschen Wehrmacht gegenüber verhalten haben, war und bleibt darum in vielen Fällen verbrecherisch.
Herr Carlo Schmid hat sich ebenfalls geirrt, wo er meint, daß es einen Unterschied zwischen den Begriffen „Verfassung“ und „Grundgesetz“ gibt. Diese falsche Auffassung hatte Carlo Schmid aller Wahrscheinlichkeit nach von dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Ernst Reuter, übernommen. Dieser nämlich hatte sich bei den Beratungen im Parlamentarischen Rate in Herrenchiemsee durch Frau Louise Schroeder vertreten und durch sie erklären lassen, daß die sog. Londoner Empfehlungen für die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung Berlin zum Nachteil gereichen mußten. Aus dieser Überlegung heraus empfahl Ernst Reuter, nicht den Begriff „Verfassung“ sondern statt dessen den Begriff „Grundgesetz“ zu verwenden. Dies in der irrigen Annahme, daß es einen Unterschied zwischen den beiden Begriffen gibt. Viele in der BRD haben, ohne sich mit den beiden Begriffen „Grundgesetz“ und „Verfassung“ etwas näher auseinanderzusetzen, also einfach kritiklos diese falsche Ansicht übernommen. Die juristischen Begriffe „Grundgesetz“ und „Verfassung“ sind völlig identisch.
Das Deutsche Reich ist infolge der bedingungslosen Kapitulation im Mai 1945 als Völkerrechtssubjekt nicht untergegangen, besteht also weiter. Bei der BRD handelt es sich um einen seit 1949 real existierenden, im Jahre 1990 um das Gebiet der DDR vergrößerten Staat. Dieser Staat besteht zwar faktisch, er entbehrt aber der den Normen des zwischenstaatlichen Rechts (Völkerrechts) entsprechenden Legitimation.
Mit dieser komplexen Materie, die auch eine Komponente der sogenannten Deutschen Frage ist, hätten sich deutsche Juristen m. E. längst eingehend auseinandersetzen müssen. Aber das ist wohl eine politisch nicht korrekte Auffassung.
Sehr geehrter Herr Zaborowski, so viel für heute.
Mit freundlichem Gruß bin ich
gez. Dr. F. H. E. W. du Buy